Die Bemessungs- und Auslegungsfaktoren der Planer und Statiker für Betonbauwerke basieren auf in Jahrzehnten, teilweise Jahrhunderten, an klassischen Betonrezepturen ermittelten, und empirisch bestätigten, Faktoren. Jedes neue Bindemittel, auch Celitement, muss daher erst in langwierigen Tests nachweisen, dass z.B. Celitement-Betone den gleichen Auslegungsfaktoren unterliegen wie mit Portlandzement hergestellte. Das ist eigentlich kein Problem, das Endprodukt der Hydratation von Celitement ist ja die aus dem Portlandzement hinreichend bekannte C-S-H-Phase, der Kleber im Beton.
Aber diese Nachweise sind arbeits- und versuchsintensiv und kosten sehr viel Zeit und Geld. Daher dauert die Entwicklung völlig neuer Baustoffsysteme für den konstruktiven Massenmarkt eben auch vergleichsweise lang. Ein wenig ist das vielleicht mit neuen Medikamenten zu vergleichen. Auch hier sind, nach einer erfolgreichen Labor- und Forschungsphase, langwierige klinische Studien nötig um die Verträglichkeit eines neuen Wirkstoffs auch statistisch sicher nachzuweisen. Deshalb dauert es auch bei Medikamenten, vom Wirkstoff bis zur fertigen Arznei, leicht 10-12 Jahre.
Hier sollte man zwischen europäischer und nationaler Normung unterscheiden. Die europäische Normungsarbeit im Baustoffbereich ist derzeit, aus rein formaljuristischen Gründen, in den meisten Bereichen fast zum Erliegen gekommen. Selbst die Erweiterung der EN197-1 um neue Zementsorten mit niedrigen Klinkergehalten ist, nach mehr als 6 Jahren, wegen Mandatsproblemen zwischen der Europäischen Kommission und CEN, noch immer nicht abgeschlossen. Wenn selbst Normenänderungen für erprobte Massenbaustoffe bis zu 10 Jahren benötigen, ist nicht davon auszugehen, dass völlig neue Baustoffe in kürzeren Zeiträumen in Form harmonisierter europäischen Normen vorliegen werden. Wir gehen daher davon aus, dass nationale Genehmigungen (z.B. bauaufsichtliche Zulassungen des DIBT) oder europäische Technische Zulassungen (ETA) der Weg zur baurechtlichen Regelung neuer Baustoffe wie Celitement darstellen werden.
Weil Celitement als bereits wasserhaltiges hydraulisches Bindemittel einen wesentlich geringeren chemischen Wasserbedarf hat als Portlandzement. Beim CEM I Portlandzement werden nur ca. 15% des Wassers das zur Beton- oder Mörtelherstellung benötigt wird, chemisch in C-S-H-Phasen eingebaut. Der Rest wird für aluminatische und alumintferritische Phasen sowie für die Rheologie benötigt. Der w/z-Wert der Normprüfungen von Portlandzementen basiert auf diesem wesentlich höheren Wasserverbrauch und ist für die Prüfung von Celitementen daher eigentlich zu hoch. Wie beim klassischen Zement führt ein Überangebot von Wasser aber zu einer Absenkung der physikalischen Leistungsfähigkeit. Es ergibt also keinen Sinn w/z-Werte die für Portlandzemente gelten einfach zu übertragen. Der optimale w/z-Wert für Celitemente ist niedriger und muss dann aber auch relativ genau eingehalten werden.